Samstag, 14. November 2015

schrecklicher als schrecklich




Fussball gucke ich so gut wie nie. Waren die Detonationen in der Fernsehübertragung des Fußballspiels Deutschland-Frankreich wirklich zu hören? - Bewundernswert, dass die Organisatoren und die Moderatoren sich nichts haben anmerken lassen! -

Wie viele Stunden Mitmenschen seit dem gestrigen Abend vor der Glotze verbracht haben, vor dem Computer, im Internet, vor dem Radio, in Social Networks, am Telefon... gierig nach Neuigkeiten, Erkenntnissen, konkreten Zahlen, Analysen, Ergebnissen, Meinungsaustausch, Anteilsbekundungen..., möchte ich wohl gar nicht so genau wissen. Bei vielen, so nehme ich an, war es ähnlich wie am 11. September 2001. Es ist etwas Schreckliches geschehen, da ist kaum jemand in der Lage, einfach abzuschalten, obwohl jeder weiß, dass es innerhalb der nächsten Tage kaum neue Erkenntnisse geben wird. Politiker halten Reden, bedauern, versichern Beistand. Terrorexperten geben Interviews, die kaum anders klingen als 2001. "Wacht jetzt endlich auf!", habe ich in einer Statusmeldung gelesen. Dabei sind doch alle schon seit 24 Stunden wach, habe ich mir vorgestellt, und sitzen mit dunklen Augenrändern vor der Glotze, völlig erschöpft. Und die Medien mixen immer dieselben Bilder in ihre Sondersendungen, immer dieselben Berichte ihrer Vorort-Korrespondenten, weil es ja so schnell gar nichts Neues zu berichten gibt. Dazwischengeschoben werden die 8 Babyleichen, die in einem Wohnhaus gefunden wurden. Über das 3jährige Flüchtlingskind, das heute vor einer griechischen Insel ertrunken ist, kein Wort.

Bilder von in den französischen Nationalfarben weltweit angestrahlten Wahrzeichen werden am Abend danach gezeigt und viele Menschen, die vor französischen Botschaften Blumen legen,  Kerzen anzünden und Betroffenheit zeigen. Trauer.

Die Terroranschläge in Paris sind erschütternd, grauenhaft, entsetzlich, abscheulich, unfassbar, bestürzend... - Traurig. - Die Zahl der Getöteten wird sich noch erhöhen, wenn von den Schwerverletzten einige nicht durchkommen. Diejenigen, die in des Terrors Nähe waren und leben, werden lange Zeit traumatisiert sein.

Frankreich ist schwer beschädigt, oder heißt es schwer geschädigt, oder hat Frankheit jetzt einen schweren Schaden? -

Was können wir Außenstehenden tun? Außer Empathiekundgebungen? Hilft es den Franzosen, wenn wir auf fb unsere Profilbilder in den französischen Nationalfarben einfärben oder behaupten "Je suis Paris" oder gar "Je suis France"? -

Es ist schrecklicher als schrecklich, was in Paris geschehen ist und trotz aller Anti-Terror-Gesetze und Sicherheitsbestimmungen, die nach dem 11. September 2001 in erhöhter Alarmbereitschaft geschaffen wurden, nicht verhindert werden konnte. Kalaschnikows hatten diese Terroristen, heißt es. Hat nicht jedes Gewehr eine Nummer und kann bis zum Hersteller verfolgt werden? Über welche Umwege gelangen diese Waffen in die Hände von Terroristen? Sprengstoffgürtel seien auch sehr schwierig zu produzieren, habe ich gehört. Wieso werden in den Medien nicht solche Fragen gestellt? -

IS-Terror ist ein großes Problem, eine globale Bedrohung völlig unberechenbaren Ausmaßes geworden. Wieso konnten die sich so ausbreiten, und wieso sind sie nicht zu befrieden? -

Es ist unglaublich, dass es Menschen gibt, die behaupten, dass sich IS-Terroristen auf diesen beschwerlichen Fluchtrouten bei uns einschleichen! -

Der Flüchtlingsstrom, der sich unaufhaltsam Richtung Europa wälzt, besteht aus vielen Individuen, die ihre Heimatländer verlassen, weil sie Traumatisierung durch IS-Terroristen und andere Kriegstreiber in viel größerem Ausmaß erfahren haben, als wir es uns vorstellen mögen. Zerstörung des Hauses, ganzer Wohnviertel, Verlust ihrer Familien und Freunde... - 

Einige, die gestern Abend in den betroffenen Bezirken in Paris nahe dabei waren und lebend davon gekommen sind, haben jetzt eine kleine Ahnung davon, dass ihr Leben an einem dünnen Faden hing. Angehörige, Freunde und Bekannte der Getöteten werden sehr traurig sein. Die empathischen anderen können ja oft nur virtuell, aber was können wir genau tun und praktisch?

Solange Politiker keine Lösungen aushandeln, dass die Flüchtlinge wieder in ihre Heimatländer zurückkehren können und dort Zukunft haben, müssen wir gucken, wie wir ihnen helfen können, bei uns Heimat zu finden. - Und hoffen und wünschen können wir, dass nicht im Supermarkt um die Ecke oder am Bahnhof eine Bombe hochgeht. (c.f., 14.11.2015)

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