Samstag, 17. September 2011

Sich vertragen

Wir hatten uns gestritten. Worum es ging, weiß ich gar nicht mehr. Kann sein, dass wir uns nicht einigen konnten, wer zuerst auf den Hochsitz klettern durfte, den der Großvater für uns zwischen zwei hohen Pappeln gebaut hatte. Oben konnten wir zu zweit oder gar zu dritt sitzen, doch hinauf mussten wir einer nach dem anderen. Kann sein, wir stritten darüber, wer am besten das Zuckerei schlagen konnte. Eigelb mit Zucker verrührt war, wenn ich mich recht erinnere, die einzige Süßigkeit, die es damals außer des Kuchens am Sonntag für uns Kinder gab. Auf jeden Fall hatten wir so heftig gestritten, dass wir nicht mehr miteinander redeten. Den anderen im Blick taten wir so, als könnten wir auch ganz gut alleine spielen, bis die Großmutter uns wieder zusammenbrachte. Sie sagte: jetzt schaut euch an, gebt euch die Hand und vertragt euch wieder! Es fiel ein bißchen schwer, sich in die Augen zu schauen. Wir hatten noch hochrote Köpfe vom Streit und vom Sommer. - Na wirds bald?, sagte die Großmutter streng. Dann schauten wir uns an und gaben uns die Hand. Der Cousin murmelte noch etwas Unverständliches, und wir liefen wieder hinaus, um weiter zu spielen. So war das mit dem Sich-wieder-vertragen, als wir Kinder waren. So einfach. -

Heute braucht man Mediation, Paartherapie etc., in manchen Fällen brauchts sogar die Nato-Truppen, nur weil keine Großmutter da ist, die sagt: jetzt gebt euch die Hand und vertragt euch wieder!


(c) christA frontzeck

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